„Ich habe nicht gewusst, was mich hier erwartet. Ich finde es schlimm, dass ich das hier viele Stunden ertragen musste. Diesen Blödsinn, den wir hier zu sehen bekommen haben.“
„Ich gehöre nicht in die Reihe dieser Preisträger“
„Ich nehme diesen Preis nicht an“
Worte von Marcel Reich-Ranicki auf der 10. Verleihung des Deutschen Fernseh-Preises 2008 (sponsored by ARD/ZDF & RLT/SAT1) als man ihm den Ehrenpreis für sein Lebenswerk verleihen wollte.
Im Grunde könnte man diese Worte einfach so im Raum stehen lassen und breit grinsen, die Reaktionen der Programmmacher o. g. Sender lesen, die sich großteils als absolut Kritikunfähig präsentieren. Da fallen Worte wie, „respektlosigkeit gegenüber den Preisträgern“, „unangebracht und nicht besonders intelligent“ Entgleiste Gesichtszüge der Hotwolaute unserer Prominenz (als ihnen bewusst wird, das der Mann das ernst meinte) und fassungloses Kopfschütteln.
Ich hielt mich ja wirklich für schlau, als ich es vermied mir die Verleihung des deutschen Filmpreises 2008 anzutun. Ich hielt es für angebrachter meine wertvolle Zeit mit dem Lesen eines Buches zu verbringen, anstatt mir die gegenseitig Beweihräucherung diverser Film- und Serienfuzis unserer z. Z. einflussreichsten TV-Sender zu geben. Nach meinen Fazit: Einmal gesehen, drei Stunden verplempert, darüber geärgert und mit Danke-Schön einmal und nie wieder at acta gelegt.
Natürlich hat mich auch das Drumherum nicht wirklich interessiert, was die Nominierung betrifft und wer eingeladen war, hätte ich aber auch nur ansatzweise gewusst, dass MRR unter den Gästen als Nominierter saß, hätte ich es mir dennoch angesehen.
Als ich dann von dem Skandal bei der Preisverleihung in der Zeitung las und den Namen in dieser Kombination, ahnte ich schon (wie gesagt einmal hab ich mir diese sinnleere Verleihung angesehen) es konnte nur ein Typischer Reich-Ranicki sein, Kritiker vor dem Herrn und mit Leidenschaft für Kunst und Kultur bis heute. Spontan, wie er nachträglich sagte, sei diese Entscheidung gewesen, nachdem er sich mehrere Stunden von dummen Sprüchen und Faxenmachern auf der Bühne berieseln lassen musste. Nach einer mehr als peinlichen und für den Moderator der Sendung durchaus prädestinierter Darstellung seines Unwissens gehaltenen Laudatio über das Lebenswerk, führte man ihn an den Rednerpult und aus seinem Mund kamen die deutlichen und skandalträchtigen Worte: Ich nehme diesen Preis nicht an! Allein die schockierten Gesichtsausdrücke waren es wert, sich diese Aufzeichnung doch noch einmal aus dem Internet zu ziehen und anzusehen. Sprachlosigkeit über die Begründung, Erstaunen über die Offenheit und Klarheit der Worte, Entsetzen darüber wie unangebracht einige Teilnehmer die Kritik aufnahmen und doch hier und da hörte man Beifall-klatschende Menschen, die wohl die Auffassung unseres TV-Programms von heute absolut teilten. Leider zeichneten die Kameras nicht deren Gesichter auf, die garantiert eine Mimik der Erleichterung aufwiesen, dass endlich mal jemand aufsteht und sagt, was viele andere denken.
Witzigerweise prägte sich mir dann (und das schockiert mich wirklich) die Kameraeinstellung des Gesichtes einer Frau ins Gedächtnis ein, die man unter Luder und diversen Eskapaden aus dem Fernsehen kennt. Eine Kopfschüttelnde Jenny Elvers-Elbertshagen und ich brach in schallendes Gelächter aus. Viel schlimmer allerdings ist die Tatsache, dass man sie auch noch vor der Kamera zu diesem Ereignisträchtigen Moment um ihrer Meinung bat und sie folgendes zum Besten gab:
Das fand ich aber jetzt auch nicht wirklich intelligent und völlig unangebracht! Und das aus dem Mund einer Frau, die sich in ihrer Vergangenheit, wie allgemein bekannt ist, nicht gerade mit Ruhm bekleckerte, nicht durch ihren Schweiß, ihrer Leistung und ihr Können in der Öffentlichkeit steht, spricht von Intelligenz und die Art, wie man sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren hat?
Man möchte ihr am liebsten ein niveauvolles MACH DEN KOPF ZU, FRAU! zurufen und flehend die Hände zum Himmel strecken mit der Bitte: HERR LASS HIRN REGNEN!, aber ich lass es lieber, denn durch ihrer Äußerung vor der Kamera disqualifiziert sie sich ja selbst, denn sie scheint entweder nicht zugehört zu haben, oder hat nichts von dem verstanden, was die Begründung und Kritik aussagen sollte.
Irgendwer hat einmal gesagt (Mir ist der Name leider entfallen) Fernsehen sollte lehrreich sein, informativ und unterhaltend. Anhand der Richtung, in die sich das allgemeine Programm bewegt, kann man deutlich die Spuren unserer heutigen Gesellschaft erkennen. Fernsehen ist der Spiegel unserer Gesellschaft! Talkshows, Serien, Kochshows, Alltagsdokus eine Flut von sinnleeren und dennoch widerspiegelnden Tatsachen berieselt Deutschlands Wohnzimmer von Morgens bis Abends. Statt Kindern ein Buch in die Hand zu drücken, werden sie vor den modernen Babysitter gesetzt, das Fernsehen und da wundert man sich heute, wie uninformiert, unmotiviert und gelangweilt unsere Jugend von heute ist?
Man könnte viele Beispiele nennen und im Gegenzug dazu dann unsere Gesellschaft zum Vergleich heranziehen. Einschaltquoten bestimmen was gesendet wird, somit bestimmt die Gesellschaft das Programm und die Sender spiegeln den Zeitgeist der Gesellschaft wieder.
Es ist sicherlich nicht alles schlecht und im Übrigen gibt es ja auch noch einen Knopf an jedem Gerät, das diesem sinnleeren und großteils geschmacklosen Zauber ein Ende bereitet. Dafür sollte man dankbar sein.
Dennoch möchte ich es nicth versäumen, DANKE zu sagen, für diesen göttlichen und köstlichen Auftritt von Deutschlands bekanntestem Literaturkritiker. Ein alter Mann klopft auf den Busch und sorgt für einen herrlichen Skandal in der Fernsehwelt und beweist zeitgleich und auch noch ungewollt, wie groß die Kritikfähigkeit der Fernsehmacher wirklich ist.
Interessanter Weise meldet sich zu dem Thema ein ebenso bekanntes Gesicht, berichtet über eben diesen Eklat und schreibt für die FAZ.net ihre Meinung zu den Dingen. Es fallen Worte wie Man schämt sich, für einen solchen Sender zu arbeiten sie regt sich darüber auf, wie man einen solchen Mann einerseits so lang warten lies und in fast den selben Worten wie Herr Reich-Ranicki, dass man ihn mit Blödelbarden und Co auf eine Stufe stellt und schreit plötzlich laut aus Na dann schmeißt mich doch raus! (Hier ist natürlich ARD/ZDF gemeint bei denen sie eine Sendung moderiert)
Einerseits sag ich dazu, okay, gute gemeint, spricht auch aus, was man sich dabei denken kann, ist ebenso amüsiert darüber, weil sie es hat kommen sehen und wollte es sich nicht entgehen lassen. ABER warum muss erst ein 88jähriger Mann laut sagen, was er persönlich von der Fernsehwelt und dieser Verleihung hält, damit eine Elke Heidenreich dann auch plötzlich in dieselbe Kerbe schlägt? Im Grunde müsste sie sich die Kritik auch gefallen lassen und eine Antwort auf die Frage bereithalten:
War Ihnen das vorher schon peinlich, für ARD/ZDF zu arbeiten, BEVOR deutschlands einflussreichster Kritiker das Wort ergriff? Und wenn ja: Warum arbeiten Sie noch für die?
Setzen sie doch ein Zeichen, Frau Heidenreich! Schmeißen sie doch den Intendanten den Kram vor die Füße und sagen ihnen Ihre Meinung über die Entwicklung im Sender direkt ins Gesicht!
Leicht gesagt, keine Frage, schließlich wird an den Einschaltquoten gemessen ob sich eine Sendung lohnt oder nicht. Das Angebot richtet sich nach der Nachfrage und somit ist im Grunde der Zuschauer der grottendumme und unintelligente Kulturbanause.
Aber da helfen doch nur zwei Dinge! ABSCHALTEN! und NICHT FÜR SIE ARBEITEN!
Liest man die Kritik von Heidenreich, stimmt man unweigerlich in einigen Dingen gern zu und nickt, doch der Beigeschmack, den ich eben anbrachte bleibt dennoch. Formulierungen wie, „Man will Hollywood sein und ist Köln-Ossendorf!“ oder das viele trotz 3 zu 1 Chancen den Preis zu bekommen, sich nicht in der Lage sahen, eine vernünftige Dankesrede vorzubereiten, der Moderator (wegen der Rettung der Verleihung und „Spontanen“ Reaktion auf den Eklat jetzt als Held gefeiert wird) wie immer keinen Witz besitzt und seinen Text daherhuddelt … sprechen mir aus der Seele.
Aber wenn dann so Worte fallen alla: Wir haben uns nur noch geschämt, wir wären am liebsten gleich wieder gegangen (aufgrund der Zumutung) dann muss ich ehrlich sagen … Warum sind sie nicht? Warum sind sie überhaupt da gewesen? Ah okay, weil sie MRR ehren wollten … seien wir aber doch mal ehrlich, wenn man die vergangenen Schleimspuren dieser Verleihung betrachtet, weiß man doch worauf man sich einlässt, wenn man zu so einem Possenspiel antanzt. Und wenn alles eh nur Zumutung war, lässt man es dann wirklich zu, auch noch dabei mitzuwirken? (schließlich war es die nunmehr 10. Veranstaltung dieser Art)
Um einem Menschen zu ehren, den ich hoch schätze, muss ich mich doch nicht in ein Korsett quetschen, das mir gar nicht passt!
In einem sind wir uns jedoch einige … Danke auf ewig! (Warscheinlich jedoch aus verschiedenen Beweggründen)
Vielleicht bin ich zu sarkastisch dafür, vielleicht amüsiert es mich schlichtweg einfach zu sehr, was man Tag täglich geboten bekommt in dieser unseren Fernsehwelt, doch bevor ich mich für einen Job schäme, mach ich ihn nicht.
Wie nennt man Menschen, die ihren Idealismus und ihren Stolz verkaufen?
Eure
amüsierte Pandora