Miria Boes, ihres Zeichen weiblicher Witzbold und mit einem neuen Programm derzeit in Deutschland unterwegs. Irgendwann kramte Frau Boes ihre alten Tagebücher aus der Kinder- und Jugendzeit wieder vor und gestaltete daraus eine überaus charmante und lustige Show. Okay, es ist wirklich Geschmackssache und viele, die das hier jetzt lesen, werden denken: WAT? Die is nich komisch, nie nich
denen möchte ich gern ein WOHLE, iss se wohle! an den Kopf werfen
denn, wenn man just an einem sonnigen Tage in der Bude hängt, weil man mal wieder denkt, es wird Zeit auszumisten, begegnen einem Dinge (oft mit einer dicken Patina Staub *hüstel* ) die man besser zu rechten Zeit am recht Platz heimlich, still und leise entsorgt hätte oder irgendwo im Nirgendwo besser tief unter der Erde verbuddelt hätte. Da begegnen einem alte Fotografien, Briefe fallen wieder einem in die Hand von Freundinnen und Freunden, kleine Notizen von Gästen aus einer Bar, in der man mal als Theken-Herzchen (Ich nenne es gern Thekenschlampe) gearbeitet hat UND
die alten Tagebücher
OH MEINE GÖTTIN!!!!Wie es natürlich bei solchen Nostalgiereisen ist, man vergisst die Aufräumaktion, setzt sich hin und knackt die alten Schlösser (Weil die Schlüssel irgendwann wohl verschütt gegangen sind) und liest. Wie gut das man allein ist, in solchen Augenblicken schwört man sich schon nach lesen der ersten Seite
das so was NIEMALS NIE NICHT UND AUF GAR KEINEN FALL
irgendwem in die Hände fallen darf
jedenfalls niemanden, der dich kennt.Über Miria Boes Show Morgen mach ich Schluß – wahrscheinlich! hab ich herzlich gelacht, weil ich mich eben an meine eigenen Tagebücher erinnert habe, aber wenn man sie dann real, in Farbe und tatsächlich vor sich liegen hat
OH MEINE GÖTTIN! Mein erster Gedanke galt natürlich der bösen Frau Boes *lach* aber jetzt im Nachhinein denke ich
(natürlich nicht böse gemeint) Fuck you, Frau Boes, deine Tagebücher sind ja so was von harmlos im Gegenzug zu meinen schreibtechnischen Verbrechen
pöh aber ehrlich ich würde daraus nie nicht ein Programm machen
dazu bin ich nicht komisch genug *grins* und es gibt auch Dinge im Leben, die gehören einfach nicht in die Öffentlichkeit. Und wer jetzt denkt, ich gebe hier auch nur eine Zeile zum Besten
VERGESST ES!
Jeder weiß das Jugendliche einen Knall in der Schatulle haben, heute jubeln sie und können die ganze Welt umarmen, morgen wollen sie einfach nur sterben
und wenn man die Dramatik und die Theatralik heute mit gewissem Abstand und einer gewissen Reife liest
fragt man sich doch still und heimlich
Wer war diese durchgeknallte junge Dame???? Neben Schulstress und Freundinnenknatsch fallen unter anderem so Namen wie Jens, Dirk, Stefan, Knorke, Julian, Marko, Michael, Jörg, Mojo, Sam, Michele
. Und Kai
(wer sich jetzt darunter erkennt, keine Angst ich werde uns beiden die peinlichen Details ersparen *lach*) oh Himmel mein Vater
dreiviertel dieser Namen habe ich im Laufe der Jahre wirklich tatsächlich und ich glaube auch absichtlich völlig vergessen
Noch viel schlimmer sind dann die eingeklebten Fotos dieser Menschen
an die ich mich beim ersten Anblick nur sehr dunkel erinnern kann und während dem Lesen der Texte im Tagebuch (ich erwähnte schon dass ich froh war allein zu sein) feuerrote Wangen zu bekommen und dann in schallendes Gelächter auszubrechen
Manches davon fühlt sich an, als wäre es das Leben einer völlig anderen und einiges davon, erkenne ich wieder
aber ich habe festgestellt
ich bereue nix
nicht mal die Tagebücher selbst.
Es ist schon faszinierend wie viel Leben in solch ein kleines Büchlein passt und erhalten bleibt. Wie Erinnerungen zurück kommen und damit Momente, Augenblicke und Situationen, die man längst in irgendeine verstaubte kleine Schublade des Hirns verbannt hatte, um Platz für Neues zu schaffen. Man sieht die Gesichter von Freunden wieder vor sich und fragt sich, was wohl aus ihnen geworden ist
Menschen kehren zurück, die einmal immens wichtig für dich waren und irgendwann aus dem Leben gingen oder einfach einen anderen Weg eingeschlagen haben
Leute die man geliebt hat und auch nie vergessen wird, nicht nur dank eines Tagebuches, sondern weil sie für immer Spuren hinterlassen haben
aber auch Menschen, die einfach aus deinem Leben sang und klanglos verschwunden sind und die ein Tagebuch für immer festhalten kann.
Ich weiß noch wie sehr ich diese Bücher gehütet habe, als wären sie ein kleiner Schatz, ohne zu wissen, das sie es auch heute noch tatsächlich sind und wohl immer sein werden. Die beiliegenden Briefe aus Schulstunden die ich mit Tiffi und Mona getextet habe, um die Langeweile von Sozi, Reli oder Mathe zu töten
die kleinen Liebesbriefzettelchen von den süßen Jungs aus der Parallelklasse
ich hab sogar einen Gemeinschaftsliebesbrief gefunden den ich von einer ganzen Clique 5. Klässler auf dem Pausenhof eine Woche vor meinem Abschluss zugesteckt bekommen habe
. Ich habe alle Eure Namen, Jungs
*grins* Aber keine Angst, auch das werde ich hier nicht zitieren.
Meine Tagebücher haben mich immer begleitet, überall hin und steckten ständig in meiner Tasche, egal wo ich war, wenn mir danach war, etwas zu schreiben und festzuhalten, habe ich mich irgendwo hingesetzt und meinen Eintrag gemacht. Manche Einträge klingen wie Postkartentexte und ich erinnere mich das ich Stichworte festhalten wollte, um später einen richtigen Tagebuchtext daraus zu schreiben, um ja nicht zu vergessen. (es blieb dann aber bei den Postkartentexten)
Ingesamt sind es genau 20 Tagebücher und mein Altertümchen ist aus dem Kindesalter als ich 9 Jahre geworden bin. Unzählige kleine Kindereime, Spiele, Bilder und kleine Geschichten
unglaublich
denn daran kann ich mich fast gar nicht mehr erinnern. (hatte sogar vergessen das ich damals schon ein kleines Tagebuch hatte *lach*) Und klein ist es tatsächlich
es passt gerade mal in meine Handfläche und auf dem Deckel ist eine Weide zu sehen
ich hatte schon als Kind einen engen Bezug zu Bäumen
das ist bis heute so geblieben.
Aber dass ich als Neunjährige schon mit einem Satz einen Wunsch geäußert habe, der mich heute wirklich ein wenig aus den Socken boxt, damit hab ich auch nicht gerechnet
Wenn ich groß bin will ich entweder Schauspielerin sein oder Schriftstellerin werden! (Ingesamt mit 5 Rechtschreibfehlern *lach*)
Das kleine Fräulein, das von ihrer Mutter immer liebvoll Minna genannt wurde, wusste schon damals ganz genau, was sie wollte. ;o) ein sehr selbstbewusstes kleines Ding, die Kleine
Dafür aber eine Dramaqueen als Jugendliche
Himmel
welch Dramen sich da abgespielt haben, wenn ein Junge mal nicht anrief, oder wie wütend eine Hormonverirrte Teenagergöre auf Jungs sein kann, die ihre besten Freundinnen abgeschossen haben und sich dann an sie kleben wollten
. Ich bin doch nicht der Müllverwerter meiner Mädels! Erst bin ich nur der Kumpel und plötzlich bin ich interessant? Arschloch! *lach* Oh Himmel, jetzt mach ich es ja doch
ich zitiere Peinlichkeiten aus meinen Büchern
. Ach was solls
wer weiß, wenn ich mal alt runzelig und faltig bin, hab ich vielleicht den Arsch in der Hose und veröffentliche meine Tagebücher, damit die Welt etwas zu lachen hat. ;o) Ich befürchte allerdings, dass die Welt weit weniger davon verstehen wird, als ich und die dort enthaltenen Menschen
Trotzdem wenn ich mal 150 Jahre alt bin, geht mir wahrscheinlich eh alles am Hintern vorbei und dann ist mir auch gar nichts mehr peinlich, *lach* Auch nicht meine Tagebücher.
Aber auch so tiefgreifende Gedanken, als der erste Bushkrieg im Irak gegen Hussein ausbrach
die Angst, dass der dritte Weltkrieg daraus entstehen würde und damit die Welt unterging (damals habe ich schon Nostradamus gelesen), Tränenverschmierte Tinte, weil mir so sehr das Herz wehtat an die Toten und Verletzten
deren Hinterbliebene Waisen und Witwen zu denken
bescheuerte Erklärungen warum es in dem Sommer so extrem heiß war
(Experten behaupteten damals in den Nachrichten, daran wäre Hussein Schuld weil er die Ölfelder in Kuwait abgefackelt hatte – steht so in meinem Tagebuch) Die Wiedervereinigung von DDR und BRD
Der Tod von Freunden, die mir heute noch fehlen
und auch von Menschen deren Lachen ich heute noch manchmal in meinem Kopf hören kann
Auch ihre kurzen oder auch langen Leben sind ein kleines Stückchen unsterblich geworden, durch meine kleinen Einträge
die mich erneu daran erinnern, wie wichtig sie für mich waren und wie viel Spuren sie in meiner Seele hinterlassen haben. Selbst ihre kleine Erzählungen über Menschen, die ihnen wichtig waren und mir doch unbekannt blieben
sind mir im Gedächtnis geblieben
so machen sie sich eben auch unvergesslich.
Wenn ich heute Tagebuch schreibe, dann beschäftigen mich ganz andere Dinge und doch
lese ich die Eintragungen, dann sind sie doch nicht ganz so unähnlich wie damals. Irgendwie hält man damit kleine Lebensepochen und deren Zeitgeist fest
Egal wie Erwachsen man wird
und wie ein Mensch immer wieder reift an all den Erfahrungen
blickt man zurück, erinnert man sich mit einem Lachenden und einem Weinenden Auge
so schön können alte Tagebücher sein
Eure
Pandora